Seminarvortrag: Einführung in die Produktion, SS 1996, Thorsten Reinecke

gehalten am 21.05.1996

Ausarbeitung/Gliederung:


Was ist Produktion? Folie 1

Ganz abstrakt läßt sich Produktion darstellen als ein System bestehend aus Input, Throughput und Output.


Produktionssystem: Input -> Troughput -> Output


Der Input wird durch einen Transformationsprozeß, der durch den Throughput definiert ist, in den Output überführt. Dieser abstrakte Transformationsprozeß bedarf nun einer Konkretisierung.


Womit wird produziert? Was ist der Input? Folie 2 , Folie 3

Man benutzt Produktionsfaktoren als Input der Produktion. Formal lassen sich die eingesetzten Quantitäten der Produktionsfaktoren als Vektor notieren. Die Beschaffung von Produktionsfaktoren verursacht üblicherweise Kosten.

Nach Gutenberg ergibt sich folgende Klassifikation:



Was wird produziert? Was ist der Output? Folie 4


Der Output eines Produktionssystems besteht aus Gütern. Die produzierten Güter werden als Produkte oder einfach als Leistungen bezeichnet. Der Output wird üblicherweise veräußert und kann daher - mit Ausnahme von Abfallprodukten, die kostenpflichtig entsorgt werden müssen - positiv bewertet werden. Formal lassen sich die Outputquantitäten der verschiedenen Produktarten als Outputvektoren notieren.

Auch die Produkte lassen sich klassifizieren:



Wer produziert? Welche Ziele hat der Produzent? Folie 5

Die Produktion ist eingebettet in ein Unternehmen, dieses wiederum in seine Umwelt. Das Unternehmen bezieht die Produktionsfaktoren von seinen Lieferanten und veräußert die Produkte an seine Kunden. Die Eigentümer des Unternehmens hingegen haben Kapital in dieses investiert, um eine möglichst hohe Verzinsung desselben zu erzielen. Daraus ergibt sich, daß das Unternehmen das Ziel verfolgen soll, mit gegebenen Kapitaleinsatz einen maximalen Gewinn zu erzielen.


Dabei ergibt sich der Gewinn (auch:Ertrag) als Erlös - Kosten.

Außerdem sind folgende Begriffe von Bedeutung:

Die Forderung, einen maximalen Gewinn bei gegebenen Kapitaleinsatz zu erreichen, entspricht also der Forderung nach einer möglichst hohen Rendite. Diese kann nur dann realisiert werden, wenn das Unternehmen effizient ist, denn ansonsten wäre eine Gewinnsteigerung noch möglich.

Bei einem normalen Zusammenhang, d.h. gesichertem Absatz der produzierten Güter mit Gewinn, entspricht dies einer hohen Produktivität.


Wie wird produziert? Was ist der Throughput? Folie 6 , Folie 7

Der Throughput des Produktionssystems ist der Transformationsprozeß, der die Produktionsfaktoren in die Produkte überführt. Formal läßt er sich als aggregierter Vektor bestehend aus negiertem Faktoreinsatzvektor und dem Produktvektor notieren und wird dann als Aktivität bezeichnet. Oft ist man an den funktionalen Zusammenhängen zwischen Input und Output interessiert, d.h. man betrachtet effiziente, technisch realisierbare Mengen von Aktivitäten. Dieser Zusammenhang wird dann durch eine Produktionsfunktion gegeben.

Ziel ist es dabei, die Produktivität zu maximieren, indem entweder bei vorgegebenen Input der Output maximiert wird, oder bei vorgegebenem Output ein minimaler Input gesucht wird.

Solange man die Kosten für verschiedene Produktfaktoren nicht bestimmen kann, gibt es u.U. mehrere, unvergleichbare effiziente Aktivitäten. Erfaßt man die Faktoreinsatzquantitäten kostenmäßig, so läßt sich aus diesen die kostenminimale Produktion ermitteln, bzw. man erhält aus der Produktionsfunktion eine Kostenfunktion. Die entstehenden Kosten lassen sich in fixe und variable Kosten aufteilen, je nachdem, ob sie unabhängig von der erzeugten Produktquantität anfallen oder nicht.

Betrachten wir nun kurz die klassische Produktionsfunktion. Sie läßt sich in drei Bereiche einteilen: (1) Bereich überproportional zunehmender Produktquantität; (2) Bereich unterproportional zunehmender Produktquantität; (3) Bereich abnehmender Produktquantität: Innerhalb dieses Bereiches ist die Produktion ineffizient.

(Klassisches Beispiel: Landwirtschaftliche Produktion bei Faktoreinsatz: Düngung.)

Der Bereich (2) ist der interessante Bereich. Produktionsfunktionen, die lediglich diesen Bereich abdecken, bezeichnet man als neoklassisch.

Man kann Produktionsfunktionen danach unterscheiden, ob die Faktoren in einem bestimmten Verhältnis stehen müssen, oder ob der eine Faktor auf Kosten eines anderen substituiert werden kann. Mit Produktionsfunktionen beschäftigt sich die sogenannte Produktionstheorie.

Eine neoklassische Produktionsfunktion ist die sog. Cobb-Douglas-Produktionsfunktion; Betrachtung des Cobb-Douglas-Ertragsgebirges; Erläuterung der Produktisoquanten (=effiziente Kombinationen der Faktoreinsatzquantitäten mit gleichen Output). (siehe: Cobb-Douglas-Produktionsfunktionen)

Einschub: Kostenfunktionen (siehe: Folie 8 , Folie 9 )

Welche Probleme ergeben sich bei der Produktionsgestaltung und -planung? Folie 10

Für die Produktion benötigt man Maschinen - Diese haben eine bestimmte Kapazität und sind recht kapitalintensiv. Daher ist es wichtig, zu wissen, wie hoch der Umsatz sein wird. - Die Rohstoffpreise können steigen oder der erzielbare Marktpreis für die erstellten Produkte fällt, weil Konkurrenten am Markt erscheinen. - Die Produktion kann saisonal bedingt nicht ständig ausgelastet sein; Lagerkosten für Faktoren und Produkte dürfen nicht vernachlässigt werden. - Produzieren wir aufgrund von Kundenaufträgen oder für den Markt? - Produzieren wir in Fließ- oder Werkstattfertigung? - Produzieren wir ein einzelnes Produkt oder eine ganze Palette von Produkten? - In welcher Reihenfolge und in welcher Menge (=Losgröße) sollen die Produkte die Produktionsstätten durchlaufen?

Diese Fragen - und weitere müssen untersucht werden, bevor die konkrete Produktion begonnen wird.


Wie plant man die Produktion? Folie 11

Offenbar ist es notwendig, die Produktion mit einer sie regelnden Instanz zu verbinden. Das Gesamtsystem wollen wir Leistungserstellungssystem nennen (nach Zäpfel).


Basisstruktur eines Leistungserstellungssystems:

(Schaubild 1, Zäpfel, takt./strat. Prod.management / Folie)


Wir unterteilen nun das Lenkungssystem nach der Tragweite und dem Abstraktionsgrad der Entscheidungen in drei Bereiche ein, die im folgenden vorgestellt werden:

  1. strategisches Produktionsmanagement
  2. taktisches Produktionsmanagement
  3. operatives Produktionsmanagement


Was ist strategische Produktionsplanung? Folie 12 , Folie 13

Die strategische Produktionsplanung geht allem anderen voraus. Hier findet die Auswahl des Produktfeldes statt; es wird also festgelegt, was zukünftig produziert werden soll. Ziel der strategischen Produktionsplanung ist es, die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens dauerhaft zu sichern. Hierzu werden verschiedene Szenarien durchgespielt, um die Entwicklung des Unternehmens zu prognostizieren. Schließlich wird eine Strategie festgelegt.

Als Strategien sind z.B. möglich:

Strategie der Kostenführerschaft:

- Verbesserung der Kostenposition relativ zu den Mitbewerbern unter Ausnutzung aller Kostendegressionsmöglichkeiten

- aber: Haltung eines marktüblichen Qualitätsstandards

- gute Erfolgschancen, wenn eine Position als »Low-Cost«-Hersteller erreichbar ist

- Problem: einfach zu imitieren: Konkurrenz zieht bald nach

Strategie der Leistungsdifferenzierung:

- im Vergleich zu den Wettbewerbern werden Unterschiede in den Leistungen geschaffen, die der

Kunde honoriert (z.B. Qualität, Innovation, Logistikleistung)

- aber: Kosten dürfen nicht vernachlässigt werden, auch wenn Kostenminimierung nicht das grundlegende strategische Ziel ist

Rückzugsstrategie:

- Ein unrentabel erscheinendes Produktfeld wird aufgegeben


Was ist taktische Produktionsplanung? Folie 14

Die Taktik beschäftigt sich nun damit, die Strategie zu verfolgen und umzusetzen.

Bei Leistungsdifferenzierung: Maßnahmen zur Produktinnovation, zur Erhöhung der Produktqualität, zur Erhöhung der Produkt- und Produktionsflexibilität und der Wirtschaftlichkeit

(Ziel: Erhöhung der Differenzierung bei angemessenen Kosten.)

Bei Kostenführerschaft: Produktvariation; Verringerung und Beherrschung der Komplexität der Produkte und der Produktion (Verringerung der Teilevielfalt und der Fertigungstiefe)

(Ziel: Kostenminimierung bei angemessener Qualität/Leistung)

Bei Rückzugsstrategien: Produktelimination und Kapazitätsstillegung

(Ziel: Kostensenkung)


Was ist operative Produktionsplanung? Folie 15

Hier findet die konkrete Umsetzung der Zielvorgaben für den unmittelbar folgenden Planungszeitraum statt. Dienen die strategischen und taktischen Planungen lediglich zur Festlegung der Rahmenbedingungen, so wird hier festgelegt, in welcher Art, in welcher Menge und zu welchen Zeitpunkten produziert wird.

Als Kostenarten der Produktionsdurchführung sind die Einrichtekosten, Leerkosten, Lagerhaltungskosten und die Kosten für Über-/Unterschreitung von Lieferterminen zu berücksichtigen. Folie 16 , Folie 17

Die Einrichtekosten entstehen durch das Einrichten der Produktiveinheiten für den jeweils verwendeten Zweck. Das Einrichten und Einstellen der Maschinen, Reinigungs- Einweisungs und Anlaufprozesse benötigen Zeit und verursachen damit Kosten, da die Produktion dort stillsteht.

Leerkosten entstehen durch die Nicht-Ausnutzung vorhandener Produktionsmöglichkeiten. So könnte z.B. durch Minimierung der Stillstandzeiten eine Erhöhung der Produktivität erzielt werden. Leerkosten haben somit Opportunitätscharakter.

Die Lagerhaltungskosten ergeben sich aus den Kosten für die gelagerten Erzeugnisse (Verzinsung gebundenen Kapitals, Versicherungskosten), Verwaltungskosten (Personal- und Stromkosten) sowie den Kosten für den Lagerraum.

Die Kosten für die Über- und Unterschreitung von Lieferterminen entstehen durch die Stornierung oder Gewährung von Preisnachlässen von Aufträgen, die verspätet ausgeliefert werden; den Lagerkosten für vorzeitig fertige Produkte, den vereinbarten Konventionalstrafen und dem aus Imageverlust resultierenden Auftragsrückgang.


Saisonschwankungen des Absatzes: Folie 18

Bei der Produktion von landwirtschaftlichen Maschinen, Textilien, Düngemitteln oder Nahrungsmitteln schwanken die Absatzmöglichkeiten mit dem jahreszeitlichen Kaufverhalten der Kunden. Dies ist bei der Produktion zu berücksichtigen:

Synchronisation: Die Produktion wird den Absatzmengen angepaßt. Auch der Spitzenbedarf muß dabei zeitsynchron produziert werden können. Daher kommt es zu einem stark schwankenden Auslastungsgrad der Produktiveinheiten, dem teilweise dadurch begegnet werden kann, daß die Schwankungen auf den Beschäftigungsstand abgewälzt werden. (»hire and fire«). Beschäftigungspolitisch ist allerdings eine stark schwankende Beschäftigung unerwünscht. Als Vorteil ist ein niedriges Niveau der Lagerbestände zu nennen.

Emanzipation: Die Ausbringung ist während des gesamten Planungszeitraums konstant. Die saisonalen Schwankungen der Absatzmengen werden durch den Auf- und Abbau von Lagerbeständen kompensiert. Dies geht natürlich nur bei Produkten, die durch Lagerung keinen nennenswerten Qualitätsverlust erfahren. Als Vorteil ist die gleichbleibende Beschäftigung zu nennen. Nachteilig wirken sich die hohen Lagerkosten, sowie die Probleme bei ungewöhnlich hoher Nachfrage, die durch die Lagerbestände nicht mehr gedeckt werden kann, aus.


Losgrößenplanung: Folie 19

Die Auftragsmenge eines Erzeugnisses, die als geschlossener Posten den Produktionsprozeß durchläuft, bezeichnet man als Losgröße.

Bezogen auf die produzierte Menge haben große Lose den Vorteil niedriger Einrichtekosten (Auflagendegression) und den Nachteil hoher Lagerkosten und ggf. Leerkosten. Niedrige Lose ermöglichen dagegen eine flexiblere Ablaufplanung, verursachen geringere Lagerkosten, erhöhen dafür aber die Einrichtekosten. Die optimale Losgröße liegt dort, wo die Summe aus Umrüst- und Lagerkosten minimal wird. Es sind jedoch Nebenbedingungen zu beachten: Die Kapazitätsgrenzen der Produktiveinheiten beschränken die Losgröße nach oben. Durch die Losgröße ist der Bedarf an Produkten sicherzustellen.


Dilemma der Ablaufplanung: Folie 20

Die zu produzierenden Produkte müssen verschiedene nachgelagerte Produktiveinheiten durchlaufen. Die Reihenfolge steht dabei fest. Allerdings ergibt sich bei der Produktion mehrerer, verschiedener Produkte das Problem, die Reihenfolge der Produkte in den Produktiveinheiten festzulegen. Dieses Optimierungsproblem, die Reihenfolge so zu gestalten, daß die Durchlaufzeit minimiert wird, bezeichnet man auch als Dilemma der Ablaufplanung, da hier Leerzeiten/-kosten und Lagerzeiten/-kosten gegeneinander abgewogen werden müssen.

Generell gilt, daß sich das Augenmerk der Produktionsplanung von der Produktivität einzelner Maschinen weg auf den Materialfluß und damit den Produktionsprozeß konzentriert bzw. konzentrieren muß. Hierzu gehört auch die Beachtung vor-, nach- und nebengelagerter Prozeßteile, wie z.B. Lager und Transport.


Literaturliste:


B. Eidenmüller: Die Produktion als Wettbewerbsfaktor - 2., aktualisierte u. erw. Aufl. -, Köln, 1991

B. Eidenmüller: Die Produktion als Wettbewerbsfaktor - 3., neu bearb. und erw. Aufl. -, Köln, 1995

Zäpfel, Günther: Strategisches Produktions-Management, Berlin, 1989

Zäpfel, Günther: Taktisches Produktions-Management, Berlin, 1989

Zäpfel, Günther: Produktionswirtschaft: operatives Produktionsmanagement, Berlin, 1982

Adam, D.: Produktionspolitik, 6. Aufl.

Adam, D.: Produktions-Management, 7. Aufl.

Ziegler, Hans: Produktions- und Kostentheorie (Skript), Passau, 1993

Fandel, Günther: Produktion I - Produktions- und Kostentheorie, 4. Aufl., Berlin, 1994

Schneider, Helmut: Mikroökomonie, 4. Aufl., München, 1986